Last Updated on 10. September 2018 by Sylvia Nickel
In der Printausgabe Nr. 27 vom 29.06.2018 berichtet die Wirtschaftswoche über eine Studie zum Zeitmanagement von Topmanagern [1]. Und dies sind einige Ergebnisse.
Wer hat was wie untersucht?
Der Dekan der Harvard Business School (HBS) – Nitin Nohria – untersuchte mit Wettbewerbs- und Managementforscher Michael Eugene Porter drei Monate lang die Kalender von 27 Topmanagern, deren Konzerne durchschnittlich 13,1 Mrd. US$ Umsatz machen [2]. Zusätzlich wurde die Assistenzebene herangezogen, um zu weiteren Erkenntnissen zu gelangen, etwas das digitale Kommunikationsverhalten. Dafür wurde die Arbeitszeit in Einheiten von 15 Minuten Dauer zerlegt und die Tätigkeitsart nach zusätzlicher Befragung der CEOs zugeordnet, etwa so, wie es RescueTime an digitalen Geräten automatisch macht. So entstand ein Datensatz von rund 60 000 CEO-Stunden beziehungsweise 185 Wochenstunden je Proband, die es zu analysieren galt. Von Erfolgreichen lernen – dies mag der Anspruch dieser Studie sein und sie liefert verblüffende Ergebnisse.
Zeitmanagement: 3 Zeitfresser bei Topmanagern
Die Forscher waren erstaunt über einige Ergebnisse. Dabei zeigte sich, dass die Arbeitsweise sehr durch direkte persönliche Kommunikation geprägt ist. Dennoch lauern Fallen:
Zeitmanagement Falle #1: Mikromanagement
Das Mikromanagement ist häufig den »FYI«- und »BC«-Mails geschuldet. Der CEO fühlt sich unter Druck, nachzuhaken, zu prüfen und Feedback zu geben. Dies kostet wertvolle Zeit. – Klare Kommunikationsregeln und ein Feedback darüber, was als »for your information« gilt, können diese Zeiten minimieren.
Zeitmanagement Falle #2: digitale Kommunikation
Die digitale Kommunikation nimmt rund 24% der Zeit in Anspruch. Die Forscher summierten hier die Zeit für E-Mails, SMS und Messenger, und halten dies für viel zu viel. Denn wenn die Qualität der digitalen Kommunikation analysiert wird, lässt sich allzu häufig Mikromanagement feststellen. – Dies mag auch der niedrigen Hemmschwelle des Mediums geschuldet sein, denn allzu leicht lässt sich eine Nachricht weiterleiten oder jemand verborgen in den Blind-Copy-Verteiler einfügen. außerdem beklagten die CEO unnötige Dank- oder Bestätigungsmails. Der Grund dafür ist einfach, vermuten die Forscher: die Mitarbeiter wollen schlichtweg in unhöflich in der Kommunikation sein.
Zeitmanagement Falle #3: Meetings
Meetings stehen rund 37 mal pro Woche an. Das bedeutet 72% der Arbeitszeit investiert der CEO in Konferenzen. Diese sind zudem Reports geschuldet, Berichten also, was und wie mit welchem Erfolg gemacht wurde. – Das erinnert mich an die ständig wachsende Bürokratie in sämtlichen Arbeitsfeldern, von der medizinischen Dokumentation über Qualitätsmanagement, Datenschutz bis zu Fahr- und Lenkzeiten; am Ende arbeiten wir um zu dokumentieren, dass wir arbeiten 😉
Die Zeiteinteilung der Topmanager
Die untersuchten Topmanager verzeichneten übrigens 62,5 Arbeitsstunden in der Woche. Das ist Welten von Tim Feriss`Prinzip der 4-Stunden-Woche entfernt. – Fasst man die Arbeitszeit laut Studie zusammen und bezieht diese auf einen 8-Stunden-Arbeitstag ergibt sich folgendes Bild, dass von der Empfehlung des Eisenhower-Prinzips abweicht:
- digitale Kommunikation benötigt 24% oder 1,92 Stunden (115 Minuten) – Dringend & wichtig, aber auch nicht dringend & nicht wichtig, wie im Falle des »FYI«-initiierten Mikromanagements.
- Meetings & Konferenzen fressen 72% der Zeit beziehungsweise 5,76 Stunden (346 Minuten) – Dies ist häufig dringend, aber nicht wichtig. »They are always in Meetings« titeln die Forscher und fragten auch nach der idealen Dauer. So räumten die Befragten ein, dass statt 60 häufig auch 30 oder gar 15 Minuten genügen würden, die Dauer jedoch auch organisationalen Gewohnheiten geschuldet sei.
- Gerade einmal 4% oder 19,2 Minuten verbleiben so für echte »Stillarbeit«. Dieses Ergebnis hat mich persönlich verblüfft.
Die Bewertung nach Wichtigkeit
Befragt nach dem Schwerpunkt der Aktivität (Wichtigkeit), so bewerten die Topmanager rund 49% oder 3,92 Stunden (235 Minuten) eines vergleichbaren 8-Stundentags als das Verfolgen der eigenen Agenda, vor allem durch Face-to-face-Kommunikation. So wird die Hälfte der Arbeitszeit in den Quadranten der Qualität (wichtig, aber nicht dringend) investiert. Damit ist klar: wer ausschließlich auf digitale Kommunikation setzt, verliert den Touchpoint zu Mitarbeitern, Kunden und Shareholdern.
Allerdings sind auch hier Routinen mit 11% oder 52 Minuten täglich zu subsumieren, die streng genommen zum Quadranten der Täuschung (dringend, aber nicht wichtig) zählen, und an Assistenten abgegeben, automatisiert oder gar digitalisiert werden können.
Die eigenen Erkenntnisse umgesetzt, ließe sich rund ein Drittel der Arbeitszeit sparen, vor allem bei Meetings und in der digitalen Kommunikation. Dann käme auch ein Top-Manager auf eine 40-Stunden-Woche.
Was Topmanagern heilig ist
Trotz Arbeitseinsatz an nahezu allen Wochentagen und dies über das Maß einer tariflichen Arbeitszeit hinaus gehend ist den Topmanagern eines heilig: der Schlaf. Die durchschnittliche Nachtruhe wurde mit 6,9 Stunden ermittelt. Auch die körperliche Fitness wird nicht vernachlässigt. Durchschnittlich trainierten die Topmanager täglich rund 45 Minuten. Den Rest der Nichtarbeitszeit verbringen diese mit ihrer Familie (50% der Nichtarbeitszeit bzw. 3 Stunden täglich) und mit der Erholung mittels TV-Konsum, Lesen und Hobbies.
Wie verbringst Du Deine Zeit?
Nicht nur, wenn am Ende des Tages zu wenig Zeit übrig ist, sondern in regelmäßigen Abständen lohnt es sich, den eigenen Umgang mit den Zeitfenstern zu analysieren. Indem wir uns bewusst machen, welchen Aktivitäten wir einen großen Raum geben, können wir entscheiden, wie und ob wir dies zukünftig tun. Ich persönlich lasse dann einen Tracer wie beispielsweise diesen mitlaufen. So lässt sich analysieren, ob man proaktiv (»wichtig, aber nicht dringend«) oder reaktiv (»wichtig & dringend« sowie »dringend, aber nicht wichtig«) arbeitet, und welche Tätigkeiten absolute Zeitfresser sind. Letztere sind dann Kandidaten für die Entlastungskarte.
Webinar & Videolektion
Dieses Thema ist Teil des Webinars »Tooltime |►► Disziplin mit RescueTime«. Weitere Webinare von mir findest Du übrigens auf edudip und sofengo. Die Literatur, Vorträge und Videos habe ich hier für Dich zusammengestellt.
Ich wünsche Dir eine produktive Zeit,
Sylvia Nickel
Referenzen
[1] Daniel Rettig: 37 Meetings pro Woche, in: Wirtschaftswoche Nr. 27 vom 29.06.2018, S. 90–91.
[2] Bericht der Forscher: Nitin Nohria; Michael E. Porter: The Leader’s Calendar. How CEOs Manage Time, in: Harvard Business Review, Juli–August Issue 2018. URL: https://hbr.org/2018/07/the-leaders-calendar
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